Bayerischer VGH: Waffenbesitzverbot war unverhältnismäßig
Gericht rügt fehlende Ermessensausübung des Landratsamts
24.12.2024
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof bekräftigt, dass die Ermessensausübung bei einem Waffenbesitzverbot nach § 41 Abs. 1 WaffG dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen muss und dabei die Umstände des Einzelfalls gegeneinander abzuwägen sind
Der von uns vertretene Kläger wendet sich zuletzt gegen die Anordnung eines Erwerbs- und Besitzverbotes für erlaubnisfreie Waffen und Munition durch das zuständige Landratsamt.
Die Klage war bei dem Verwaltungsgericht Würzburg nicht erfolgreich. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gibt dem Rechtsmittel im Umfang der Zulassung durch Urteil vom 23. September 2024 – zu Gz. 24 B 23.2139 – statt.
Aus den Gründen:
Das Waffenbesitzverbot nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG ist dennoch rechtswidrig. Der Beklagte hat sein Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, so hat sie dieses gemäß Art. 40 BayVwVfG entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Das Gericht prüft gemäß § 114 Satz 1 VwGO, ob diese Vorgaben eingehalten sind. Bei der Ausübung ihres Ermessens hat die Waffenbehörde insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen. Von hierauf bezogenen Ermessenserwägungen kann sie auch nicht absehen, wenn mangels waffenrechtlicher Zuverlässigkeit oder Eignung die Voraussetzungen für einen Widerruf der Erlaubnis nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG vorliegen (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 6 C 36.15 – juris Rn. 20).
Es ist dabei zu berücksichtigen, dass es sich nach der amtlichen Überschrift des § 41 WaffG um Waffenverbote für den Einzelfall handelt und eine pauschale Verhängung danach nicht dem Sinn der Vorschrift entspricht. Folglich müssen der Begründung entsprechende Ausführungen zur Ausübung des Entschließungsermessens zu entnehmen sein, aus denen ersichtlich wird, weshalb die Behörde im jeweiligen Fall die Anordnung eines Waffenverbots für erforderlich hält. Auch nach Nr. 41.1 WaffVwV ist stets eine besondere Prüfung der Erforderlichkeit notwendig. Des Weiteren ist zu beachten, dass es sich bei § 41 Abs. 1 und Abs. 2 WaffG um unterschiedliche Tatbestände mit unterschiedlichem Erfassungskreis – erwerbserlaubnisfreie einerseits und erwerbserlaubnispflichtige Waffen andererseits – handelt und deshalb eine Ermessensprüfung gesondert für jedes dieser Waffenverbote zu erfolgen hat.
Darüber hinaus sind auch stets die für und gegen eine Anordnung nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG sprechenden Gesichtspunkte in die Ermessenserwägungen einzustellen und gegeneinander abzuwägen. Insbesondere daran fehlt es hier, denn das Landratsamt hat nur floskelhaft ausgeführt, das Ermessen sei ordnungsgemäß ausgeübt worden, ohne dass erkennbar wird, dass und welche im Einzelnen für den Kläger sprechenden Umstände berücksichtigt worden sind. Zum Beispiel hätte in das Ermessen eingestellt werden müssen, dass der Kläger sich bisher straffrei geführt hat, keinerlei Auffälligkeiten mit Waffen, weder mit erlaubnispflichtigen noch mit erlaubnisfreien gezeigt hat, seine erlaubnispflichtigen Waffen und Munition umgehend abgegeben hat und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er erlaubnisfreie Waffen zu Hause besitzen und aufbewahren möchte, sondern nur feststeht, dass er in seinem Schützenverein mit erlaubnisfreien Druckluftwaffen üben möchte. Es wäre daher auch zu erwägen gewesen, ob das Waffenbesitzverbot für solche Situationen überhaupt erforderlich ist, oder ob der Erwerb und Besitz von erlaubnisfreien Waffen zum nach § 12 Abs. 4 Satz 1 WaffG erlaubnisfreien Schießen auf einem Schießstand für den Kläger weiterhin möglich sein soll. Zudem hat sich das Landratsamt auch nicht damit befasst, ob als milderes Mittel ein zeitlich befristetes Waffenbesitzverbot in Betracht gekommen wäre. Zwar besteht nach dem Gesetzeswortlaut grundsätzlich keine Pflicht, ein Waffenbesitzverbot stets zu befristen. Allerdings ist im Rahmen des Übermaßverbots und des Verhältnismäßigkeitsprinzips (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 6 C 36.15 – juris Rn. 20) zu prüfen, ob eine befristete Anordnung ausreichend ist. Dabei ist in den Blick zu nehmen, dass auch die meisten Unzuverlässigkeitsgründe nach § 5 WaffG einer zeitlichen Befristung unterliegen und z.B. auch im Fall des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ohne das Bekanntwerden neuerer Tatsachen nicht unbegrenzte Zeit eine Unzuverlässigkeit prognostiziert werden kann.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23. September 2024 ist Beschwerde erhoben, die bei dem Bundesverwaltungsgericht anhängig ist – zu Gz. 6 B 8/25.
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